Werbungskostenabzug für Unterkunftskosten im Ausland nicht gedeckelt

Bundesfinanzhof widerspricht Schreiben der Finanzverwaltung

20.11.2023

Wer aus beruflichen Gründen im Ausland tätig ist, muss dort im Regelfall auch wohnen. Wird der Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland beibehalten, können die notwendigen Mehraufwendungen für eine Unterkunft im Ausland als Kosten der doppelten Haushaltsführung bei der Steuererklärung als Werbungskosten abgezogen werden. Doch die Frage, was und wieviel notwendig und angemessen ist, beschäftigt Finanzverwaltung und Gerichte. So auch den Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 9. August 2023 (VI R 20/21).

Der Steuerpflichtige ist verheiratet und hatte seinen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland. Er war in den Streitjahren in Usbekistan und Tadschikistan tätig. Dort bewohnte er jeweils eine von seinem Arbeitgeber zugewiesene Dienstwohnung. Die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung lagen unstreitig vor. Die von ihm getragenen Kosten für die jeweiligen Wohnungen machte er in seiner Einkommensteuererklärung in voller Höhe als Werbungskosten geltend.

Angemessenheit im Ausland zu prüfen

Das Finanzamt erkannte die Unterkunftskosten im Ausland nur insoweit an, wie sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je qm für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung ergeben würden. Dabei stützte sich das Finanzamt auf eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben vom 25. November 2020). Der Gesetzeswortlaut spricht nur von notwendigen Mehraufwendungen. Während der Gesetzgeber für Fälle der doppelten Haushaltsführung im Inland die tatsächlichen Kosten, maximal 1.000 Euro monatlich anerkennt und auf eine weitere Prüfung der Angemessenheit verzichtet, gibt es für Wohnungen im Ausland keine derartige gesetzliche Vereinfachungsregelung.

BFH stellt sich gegen Finanzverwaltung

Der BFH folgte dementsprechend auch der Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz und lies die Unterkunftskosten in voller Höhe zum Werbungskostenabzug zu. Zum einen binden Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung die Gerichte nicht. Zum anderen erachtete der BFH die Beschränkung auf 60 qm für Auslandsfälle auch als ungeeigneten Maßstab zur Ermittlung der angemessenen und notwendigen Mehraufwendungen.

Die 60 qm beruhen auf dem inländischen sozialhilferechtlich anerkannten Mindestbedarf für Unterkunft und Wohnen einer Person gemäß der sozialrechtlichen Rechtsprechung. Die vorgenommene Typisierung des Tatbestandsmerkmals „notwendig“ gründet damit im Wesentlichen auf einem nach inländischen Verhältnissen bemessenen Merkmal, das sich als Maßstab für die Notwendigkeit von Unterkunftskosten im Ausland nicht anwenden lässt. Die sogenannte „60 qm–Rechtsprechung“ ist bei Auslandssachverhalten nicht handhabbar. Denn belastbare Feststellungen zum Durchschnittsmietzins am ausländischen Beschäftigungsort können in der Regel weder von den Beteiligten im Veranlagungsverfahren erhoben noch von den Finanzgerichten belastbar überprüft werden.

Hinzu kommt, dass eine Typisierung sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren muss. Ein solch typischer Fall lässt sich für Unterkunftskosten aufgrund einer doppelten Haushaltsführung im Ausland aber schon deshalb nicht ausmachen, weil diese maßgebend von den jeweiligen Gegebenheiten im einzelnen Land geprägt sind. Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland ist deshalb stets im Einzelfall zu prüfen, welche Unterkunftskosten im Ausland notwendig, das heißt nach objektiven Maßstäben erforderlich sind. Der BFH stellt sich mit dieser Argumentation klar gegen die Meinung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 25. November 2020.

Fazit

Betroffene Steuerpflichtige sollten gegen entsprechende Steuerbescheide Einspruch einlegen und sich auf die höchstrichterliche Entscheidung berufen. Aber Achtung: Es muss trotzdem im Einzelfall belegt werden, welche Unterkunftskosten im Ausland notwendig sind.

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Aktuelles
20.11.2023

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Bundesfinanzhof widerspricht Schreiben der Finanzverwaltung

Wer aus beruflichen Gründen im Ausland tätig ist, muss dort im Regelfall auch wohnen. Wird der Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland beibehalten, können die notwendigen Mehraufwendungen für eine Unterkunft im Ausland als Kosten der doppelten Haushaltsführung bei der Steuererklärung als Werbungskosten abgezogen werden. Doch die Frage, was und wieviel notwendig und angemessen ist, beschäftigt Finanzverwaltung und Gerichte. So auch den Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 9. August 2023 (VI R 20/21).

Der Steuerpflichtige ist verheiratet und hatte seinen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland. Er war in den Streitjahren in Usbekistan und Tadschikistan tätig. Dort bewohnte er jeweils eine von seinem Arbeitgeber zugewiesene Dienstwohnung. Die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung lagen unstreitig vor. Die von ihm getragenen Kosten für die jeweiligen Wohnungen machte er in seiner Einkommensteuererklärung in voller Höhe als Werbungskosten geltend.

Angemessenheit im Ausland zu prüfen

Das Finanzamt erkannte die Unterkunftskosten im Ausland nur insoweit an, wie sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je qm für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung ergeben würden. Dabei stützte sich das Finanzamt auf eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben vom 25. November 2020). Der Gesetzeswortlaut spricht nur von notwendigen Mehraufwendungen. Während der Gesetzgeber für Fälle der doppelten Haushaltsführung im Inland die tatsächlichen Kosten, maximal 1.000 Euro monatlich anerkennt und auf eine weitere Prüfung der Angemessenheit verzichtet, gibt es für Wohnungen im Ausland keine derartige gesetzliche Vereinfachungsregelung.

BFH stellt sich gegen Finanzverwaltung

Der BFH folgte dementsprechend auch der Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz und lies die Unterkunftskosten in voller Höhe zum Werbungskostenabzug zu. Zum einen binden Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung die Gerichte nicht. Zum anderen erachtete der BFH die Beschränkung auf 60 qm für Auslandsfälle auch als ungeeigneten Maßstab zur Ermittlung der angemessenen und notwendigen Mehraufwendungen.

Die 60 qm beruhen auf dem inländischen sozialhilferechtlich anerkannten Mindestbedarf für Unterkunft und Wohnen einer Person gemäß der sozialrechtlichen Rechtsprechung. Die vorgenommene Typisierung des Tatbestandsmerkmals „notwendig“ gründet damit im Wesentlichen auf einem nach inländischen Verhältnissen bemessenen Merkmal, das sich als Maßstab für die Notwendigkeit von Unterkunftskosten im Ausland nicht anwenden lässt. Die sogenannte „60 qm–Rechtsprechung“ ist bei Auslandssachverhalten nicht handhabbar. Denn belastbare Feststellungen zum Durchschnittsmietzins am ausländischen Beschäftigungsort können in der Regel weder von den Beteiligten im Veranlagungsverfahren erhoben noch von den Finanzgerichten belastbar überprüft werden.

Hinzu kommt, dass eine Typisierung sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren muss. Ein solch typischer Fall lässt sich für Unterkunftskosten aufgrund einer doppelten Haushaltsführung im Ausland aber schon deshalb nicht ausmachen, weil diese maßgebend von den jeweiligen Gegebenheiten im einzelnen Land geprägt sind. Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland ist deshalb stets im Einzelfall zu prüfen, welche Unterkunftskosten im Ausland notwendig, das heißt nach objektiven Maßstäben erforderlich sind. Der BFH stellt sich mit dieser Argumentation klar gegen die Meinung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 25. November 2020.

Fazit

Betroffene Steuerpflichtige sollten gegen entsprechende Steuerbescheide Einspruch einlegen und sich auf die höchstrichterliche Entscheidung berufen. Aber Achtung: Es muss trotzdem im Einzelfall belegt werden, welche Unterkunftskosten im Ausland notwendig sind.