Kindergeld und Wohnsitz in Deutschland

Anspruch bleibt auch bei einjähriger Europareise nicht schulpflichtiger Kinder erhalten

27.03.2024 — zuletzt aktualisiert: 14.11.2024

Selten gibt es bei Reisen mit Kindern so viel Flexibilität wie in der Zeit vor der Schule. Wer es beruflich ermöglichen kann, nutzt diese Zeit, um den Kindern die Welt zu zeigen, ohne durch Schulferien eingeschränkt zu sein. Doch die lange Abwesenheit von zu Hause kann durchaus auch ungeahnte Folgen haben. Im vorliegenden Fall unterstellte eine Familienkasse, dass bei einer längeren Auslandsreise der inländische Wohnsitz aufgegeben wurde und somit kein Kindergeldanspruch mehr besteht. Ob dem so ist, musste das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in seinem Urteil vom 25. Oktober 2023 (5 K 7/23) entscheiden.

Im Streitfall nutzte eine Mutter von zwei kleinen, nicht schulpflichtigen Kindern die Zeit einer pandemiebedingten beruflichen Pause, um mit ihren Kindern eine Rundreise durch Europa zu unternehmen, während der Ehemann und berufstätige Vater in der heimischen Wohnung verblieb. Mutter und Kinder kehrten zwischendurch immer wieder nach Deutschland zurück.

Steuerlicher Wohnsitz Voraussetzung

Doch die zuständige Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für die Zeit der Reise mit der Begründung auf, dass die Kinder nicht mehr im Familienwohnsitz in Deutschland leben würden. Nach den der Familienkasse vorliegenden Unterlagen seien die Kinder nach unbekannt abgemeldet worden und befänden sich mit der Kindesmutter auf Reise durch Europa, welche mit PKW/Camper/Bus durchgeführt werde. Die Kinder hätten aufgrund der Urlaubsreise durch Europa weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, weshalb der Kindergeldanspruch ausscheide.

Das sah die Familie naturgemäß anders. Die Kinder seien gemeinsam mit deren Mutter lediglich zeitlich begrenzt und für Bildungszwecke innerhalb der EU auf Reisen gewesen. Darüber hinaus habe die Mutter der beiden gemeinsamen Kinder in keinem anderen EU-Mitgliedsstaat Kindergeld beantragt. Der Wohnsitz der Familie – auch der Kinder – sei die ganze Zeit über in Deutschland gewesen. Ein Wohnsitz setze weder voraus, dass die Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilde noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit. Seit Beginn der Reise habe die Sicherheit bestanden, dass die Mutter mit den gemeinsamen Söhnen die Ehewohnung beibehalte und gemeinsam mit dem Vater nutzen werde. Der Lebensmittelpunkt der Familie sei Deutschland. Die Kinder hätten mit ihrer Mutter andere Kulturen, geografische Lagen und Architekturen kennengelernt. Der Wohnsitz sei jedoch stets die gemeinsame Ehewohnung gewesen.

Zeitweise Abwesenheit ist unschädlich

Das Finanzgericht folgte der Argumentation der Eltern und bestätigte den Anspruch auf Kindergeld für den Streitzeitraum. Das Innehaben einer Wohnung schließt nicht aus, dass die Wohnung vorübergehend nicht benutzt wird. Periodische Auslandsaufenthalte stellen das Innehaben eines Wohnsitzes sogar auch dann nicht in Frage, wenn sie sich über einen Zeitraum von etlichen Jahren erstrecken.

Ob der Wohnsitz beibehalten oder erst bei der späteren Rückkehr im Inland wieder neu begründet wird, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind neben der voraussichtlichen Dauer des Auslandsaufenthalts insbesondere auch das Alter des Kindes und der Zweck des Auslandsaufenthalts ausschlaggebend. Eine konkrete zeitliche Grenze im Sinne eines „Maximalaufenthalts“ kann daher generell und abstrakt nicht festgelegt werden.

Im vorliegenden Fall erfolgte lediglich eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort während des Aufenthaltes innerhalb verschiedener Orte in Europa. Es war von Anfang an nur eine Rundreise durch europäische Länder geplant, die spätestens dann enden sollte, wenn die Schulpflicht des älteren Sohnes begründet wird. Diese von vornherein befristete Abwesenheit steht der Beibehaltung des Wohnsitzes nicht entgegen, auch wenn eine Rückkehr zum Wohnsitz innerhalb dieser zwölf Monate wegen einer größeren Entfernung oder aus Kostengründen nicht beabsichtigt und tatsächlich nicht erfolgt sein sollte. Da der Vater in Deutschland in der Familienwohnung verblieben ist, stand die Wohnung auch der Ehefrau und den beiden Söhnen jederzeit zur Verfügung. Somit lag ein steuerlicher Wohnsitz vor und ein Anspruch auf Kindergeld bestand.

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Aktuelles
27.03.2024 — zuletzt aktualisiert: 14.11.2024

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Selten gibt es bei Reisen mit Kindern so viel Flexibilität wie in der Zeit vor der Schule. Wer es beruflich ermöglichen kann, nutzt diese Zeit, um den Kindern die Welt zu zeigen, ohne durch Schulferien eingeschränkt zu sein. Doch die lange Abwesenheit von zu Hause kann durchaus auch ungeahnte Folgen haben. Im vorliegenden Fall unterstellte eine Familienkasse, dass bei einer längeren Auslandsreise der inländische Wohnsitz aufgegeben wurde und somit kein Kindergeldanspruch mehr besteht. Ob dem so ist, musste das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in seinem Urteil vom 25. Oktober 2023 (5 K 7/23) entscheiden.

Im Streitfall nutzte eine Mutter von zwei kleinen, nicht schulpflichtigen Kindern die Zeit einer pandemiebedingten beruflichen Pause, um mit ihren Kindern eine Rundreise durch Europa zu unternehmen, während der Ehemann und berufstätige Vater in der heimischen Wohnung verblieb. Mutter und Kinder kehrten zwischendurch immer wieder nach Deutschland zurück.

Steuerlicher Wohnsitz Voraussetzung

Doch die zuständige Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für die Zeit der Reise mit der Begründung auf, dass die Kinder nicht mehr im Familienwohnsitz in Deutschland leben würden. Nach den der Familienkasse vorliegenden Unterlagen seien die Kinder nach unbekannt abgemeldet worden und befänden sich mit der Kindesmutter auf Reise durch Europa, welche mit PKW/Camper/Bus durchgeführt werde. Die Kinder hätten aufgrund der Urlaubsreise durch Europa weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, weshalb der Kindergeldanspruch ausscheide.

Das sah die Familie naturgemäß anders. Die Kinder seien gemeinsam mit deren Mutter lediglich zeitlich begrenzt und für Bildungszwecke innerhalb der EU auf Reisen gewesen. Darüber hinaus habe die Mutter der beiden gemeinsamen Kinder in keinem anderen EU-Mitgliedsstaat Kindergeld beantragt. Der Wohnsitz der Familie – auch der Kinder – sei die ganze Zeit über in Deutschland gewesen. Ein Wohnsitz setze weder voraus, dass die Wohnung den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilde noch einen Aufenthalt während einer Mindestzeit. Seit Beginn der Reise habe die Sicherheit bestanden, dass die Mutter mit den gemeinsamen Söhnen die Ehewohnung beibehalte und gemeinsam mit dem Vater nutzen werde. Der Lebensmittelpunkt der Familie sei Deutschland. Die Kinder hätten mit ihrer Mutter andere Kulturen, geografische Lagen und Architekturen kennengelernt. Der Wohnsitz sei jedoch stets die gemeinsame Ehewohnung gewesen.

Zeitweise Abwesenheit ist unschädlich

Das Finanzgericht folgte der Argumentation der Eltern und bestätigte den Anspruch auf Kindergeld für den Streitzeitraum. Das Innehaben einer Wohnung schließt nicht aus, dass die Wohnung vorübergehend nicht benutzt wird. Periodische Auslandsaufenthalte stellen das Innehaben eines Wohnsitzes sogar auch dann nicht in Frage, wenn sie sich über einen Zeitraum von etlichen Jahren erstrecken.

Ob der Wohnsitz beibehalten oder erst bei der späteren Rückkehr im Inland wieder neu begründet wird, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind neben der voraussichtlichen Dauer des Auslandsaufenthalts insbesondere auch das Alter des Kindes und der Zweck des Auslandsaufenthalts ausschlaggebend. Eine konkrete zeitliche Grenze im Sinne eines „Maximalaufenthalts“ kann daher generell und abstrakt nicht festgelegt werden.

Im vorliegenden Fall erfolgte lediglich eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort während des Aufenthaltes innerhalb verschiedener Orte in Europa. Es war von Anfang an nur eine Rundreise durch europäische Länder geplant, die spätestens dann enden sollte, wenn die Schulpflicht des älteren Sohnes begründet wird. Diese von vornherein befristete Abwesenheit steht der Beibehaltung des Wohnsitzes nicht entgegen, auch wenn eine Rückkehr zum Wohnsitz innerhalb dieser zwölf Monate wegen einer größeren Entfernung oder aus Kostengründen nicht beabsichtigt und tatsächlich nicht erfolgt sein sollte. Da der Vater in Deutschland in der Familienwohnung verblieben ist, stand die Wohnung auch der Ehefrau und den beiden Söhnen jederzeit zur Verfügung. Somit lag ein steuerlicher Wohnsitz vor und ein Anspruch auf Kindergeld bestand.