Kindergeld bei Nettolohnvereinbarungen

BFH bestätigt Minderung des Bruttolohns bei Abtretung an Arbeitgeber

27.05.2024

Im Rahmen von internationalen Mitarbeiterentsendungen ist es üblich, dass Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern Nettolohnvereinbarungen treffen. Dadurch sollen alle Mitarbeiter die gleichen Anreize für eine Entsendung erhalten, unabhängig vom Steuerniveau des Entsendungslandes. Der Arbeitgeber übernimmt in diesen Fällen die lokalen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, also auch den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung und die Lohnsteuern, sodass der Arbeitnehmer das Gehalt „brutto für netto“ erhält. Üblicherweise wird bei Entsendungen nach Deutschland das erhaltene Kindergeld an den Arbeitgeber abgetreten. Ob diese Abtretung den Bruttoarbeitslohn des Mitarbeiters mindert, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt in seinem Urteil vom 8. Februar 2024 (BFH Urteil VI R 26/21) zu entscheiden.

Nettolohnvereinbarung bei Entsendung nach Deutschland

Im Streitfall wurde der Steuerpflichtige von der japanischen Muttergesellschaft nach Deutschland entsandt. Hierfür erhielt er sowohl von der japanischen Muttergesellschaft als auch vom aufnehmenden deutschen Unternehmen Gehalt. Die Auszahlung erfolgte im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung. Die Familie begleitete den Steuerpflichtigen nach Deutschland. Für das beantragte und bewilligte Kindergeld unterzeichnete der Steuerpflichtige eine Abtretungserklärung zugunsten seines Arbeitgebers, so dass dieses direkt an den Arbeitgeber gezahlt wurde.

Strittig war, wie das Kindergeld im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu behandeln ist. Während der Steuerpflichtige seinen Bruttoarbeitslohn um das abgetretene Kindergeld kürzte, versagte das Finanzamt die Kürzung. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht Düsseldorf ebenso wie der Bundesfinanzhof statt.

Nettolohn muss hochgerechnet werden

Bei einer Nettolohnvereinbarung im Rahmen einer Entsendung wird üblicherweise ein Nettolohn ermittelt, bei der unterstellt wird, der Arbeitnehmer wäre im Heimatland verblieben. Dafür wird vom ursprünglichen Bruttolohn meist eine hypothetischen Heimat-Lohnsteuer (Hypotax) abgezogen, um den monatlichen Nettolohn zu ermitteln. Während der Entsendung werden dann weitere Zulagen wie Kaufkraftausgleich, Mobility Allowance, Erschwerniszulage und andere geldwerte Vorteile durch den Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitgeber verpflichtet sich ebenfalls, die auf den Nettolohn anfallenden Steuern und gegebenenfalls Sozialversicherungsbeiträge zu übernehmen. Da all dies ebenfalls einen geldwerten Vorteil darstellt, müssen die Steuern und Beiträge zum Nettolohn dazugerechnet werden, um den tatsächlichen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn zu ermitteln.

Deshalb hat der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung nicht lediglich den Nettolohn, sondern den durch Hochrechnung ermittelten Bruttolohn anzugeben. Auch wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer übernimmt: Der Arbeitnehmer bleibt auch bei Abschluss einer Nettolohnvereinbarung Schuldner der Lohnsteuer und seiner persönlichen Einkommensteuer.

Kindergeldabtretung mindert Bruttolohn

Da der Arbeitgeber die in Deutschland anfallenden Steuern übernommen hat, stehen ihm analog auch eventuelle Erstattungen aus der Einkommensteuerveranlagung zu, sie werden im Zahlungszeitpunkt als negativer Arbeitslohn berücksichtigt. Das gilt auch für Kindergeld. Beim Kindergeld erfolgt im Rahmen der Veranlagung von Amts wegen eine Günstigerprüfung, ob der Abzug der Kinderfreibeträge oder das Kindergeld eine größere steuerliche Entlastung bewirkt. Sind die Kinderfreibeträge günstiger, wird das ausgezahlte Kindergeld der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet. Bei einer Nettolohnvereinbarung vermindert in einem solchen Fall folglich das monatlich ausgezahlte Kindergeld den durch die Kinderfreibeträge ausgelösten Erstattungsanspruch des Arbeitgebers.

Das bedeutet aber auch: Lässt sich der Arbeitgeber nicht nur die spätere Einkommensteuererstattung abtreten, sondern auch das Kindergeld als Vorauszahlung hierauf, ist nicht nur die Einkommensteuererstattung im Erstattungsjahr durch Abzug vom laufenden (Brutto-)Arbeitslohn zu berücksichtigen, sondern auch das an den Arbeitgeber abgetretene und gezahlte Kindergeld.

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Aktuelles
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Nettolohnvereinbarung bei Entsendung nach Deutschland

Im Streitfall wurde der Steuerpflichtige von der japanischen Muttergesellschaft nach Deutschland entsandt. Hierfür erhielt er sowohl von der japanischen Muttergesellschaft als auch vom aufnehmenden deutschen Unternehmen Gehalt. Die Auszahlung erfolgte im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung. Die Familie begleitete den Steuerpflichtigen nach Deutschland. Für das beantragte und bewilligte Kindergeld unterzeichnete der Steuerpflichtige eine Abtretungserklärung zugunsten seines Arbeitgebers, so dass dieses direkt an den Arbeitgeber gezahlt wurde.

Strittig war, wie das Kindergeld im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu behandeln ist. Während der Steuerpflichtige seinen Bruttoarbeitslohn um das abgetretene Kindergeld kürzte, versagte das Finanzamt die Kürzung. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht Düsseldorf ebenso wie der Bundesfinanzhof statt.

Nettolohn muss hochgerechnet werden

Bei einer Nettolohnvereinbarung im Rahmen einer Entsendung wird üblicherweise ein Nettolohn ermittelt, bei der unterstellt wird, der Arbeitnehmer wäre im Heimatland verblieben. Dafür wird vom ursprünglichen Bruttolohn meist eine hypothetischen Heimat-Lohnsteuer (Hypotax) abgezogen, um den monatlichen Nettolohn zu ermitteln. Während der Entsendung werden dann weitere Zulagen wie Kaufkraftausgleich, Mobility Allowance, Erschwerniszulage und andere geldwerte Vorteile durch den Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitgeber verpflichtet sich ebenfalls, die auf den Nettolohn anfallenden Steuern und gegebenenfalls Sozialversicherungsbeiträge zu übernehmen. Da all dies ebenfalls einen geldwerten Vorteil darstellt, müssen die Steuern und Beiträge zum Nettolohn dazugerechnet werden, um den tatsächlichen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn zu ermitteln.

Deshalb hat der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung nicht lediglich den Nettolohn, sondern den durch Hochrechnung ermittelten Bruttolohn anzugeben. Auch wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer übernimmt: Der Arbeitnehmer bleibt auch bei Abschluss einer Nettolohnvereinbarung Schuldner der Lohnsteuer und seiner persönlichen Einkommensteuer.

Kindergeldabtretung mindert Bruttolohn

Da der Arbeitgeber die in Deutschland anfallenden Steuern übernommen hat, stehen ihm analog auch eventuelle Erstattungen aus der Einkommensteuerveranlagung zu, sie werden im Zahlungszeitpunkt als negativer Arbeitslohn berücksichtigt. Das gilt auch für Kindergeld. Beim Kindergeld erfolgt im Rahmen der Veranlagung von Amts wegen eine Günstigerprüfung, ob der Abzug der Kinderfreibeträge oder das Kindergeld eine größere steuerliche Entlastung bewirkt. Sind die Kinderfreibeträge günstiger, wird das ausgezahlte Kindergeld der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet. Bei einer Nettolohnvereinbarung vermindert in einem solchen Fall folglich das monatlich ausgezahlte Kindergeld den durch die Kinderfreibeträge ausgelösten Erstattungsanspruch des Arbeitgebers.

Das bedeutet aber auch: Lässt sich der Arbeitgeber nicht nur die spätere Einkommensteuererstattung abtreten, sondern auch das Kindergeld als Vorauszahlung hierauf, ist nicht nur die Einkommensteuererstattung im Erstattungsjahr durch Abzug vom laufenden (Brutto-)Arbeitslohn zu berücksichtigen, sondern auch das an den Arbeitgeber abgetretene und gezahlte Kindergeld.