Der eine will zwei, der andere will einen. Die Beweggründe, beim Vorliegen von unterschiedlichen unternehmerischen Betätigungen für oder gegen einen einheitlichen Gewerbebetrieb zu argumentieren, sind vielfältig. Von der mehrfachen Nutzung von Investitionsabzugsbeträgen oder des Gewerbesteuerfreibetrages bis hin zu Verlustverrechnungsmöglichkeiten: Je nach Zielstellung versuchen Steuerpflichtige, Argumente für ihre Sichtweise zu finden. Doch das Finanzamt hat hierbei noch ein Wort mitzureden und auch die Finanzgerichte sind mit solchen Fragestellungen beschäftigt. So gab es gleich zwei Urteile von Finanzgerichten (FG Münster vom 29.11.2023, 13 K 986/21 und FG Düsseldorf vom 08.12.2021, 15 K 1186/21), die in ihren jeweiligen Fällen trotz gleicher Prüfkriterien zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Es kommt eben immer auf den Einzelfall an.
Im ersten Fall unterhielt der Steuerpflichtige einen Betrieb für die Planung, Projektierung und Bauleitung von speziellen Gewächshäusern. Gegenstand des zweiten Betriebs ist die Züchtung künstlich vermehrter seltener aus dem Ausland bezogener Pflanzenarten und die Schaffung neuer Hybride für den Onlineversand. Der Steuerpflichtige selbst nahm einen einheitlichen Gewerbebetrieb an und verrechnete Gewinne und Verluste der beiden Betriebe miteinander. Streitig war, ob für Zwecke der Ermittlung der Gewerbesteuer ein oder zwei Gewerbebetriebe vorlagen.
Im zweiten Urteilsfall ging es um einen Steuerpflichtigen, der einen Großhandel mit Altmaterialien und Reststoffen (Recycling) betrieb und nach dem Tod seiner Mutter auch den von ihr betriebenen Schrotthandel am gleichen Ort fortführte. Streitig war, ob der Steuerpflichtige nach ertragsteuerlichen Grundsätzen einen einheitlichen Gewerbebetrieb oder zwei einzelne Gewerbebetriebe führte und deshalb Investitionsabzugsbeträge über den betriebsbezogenen Höchstbetrag von 200.000 Euro hinaus beanspruchen durfte.
Wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang notwendig
In beiden Fällen sahen Finanzamt und Finanzgerichte die Sachlage genau anders als die Steuerpflichtigen. Im ersten Fall führte der Außenprüfer aus, das Betreiben des Planungsbüros und des Einzelhandels mit exotischen Pflanzen seien ungleichartige und sich nicht ergänzende Tätigkeiten, die keinen einheitlichen Gewerbebetrieb bildeten. Es sei von einer Selbständigkeit der beiden Aktivitäten auszugehen, die mangels wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs auch nicht zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen seien. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags waren dementsprechend die Verluste aus dem Pflanzenhandel ausgenommen worden. Sie konnten nicht verrechnet, sondern nur festgestellt und fortgeschrieben werden.
Das Finanzgericht folgte dieser Ansicht. Maßgebend seien die objektiven Merkmale. Hierzu zählten die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, die Organisation und Finanzierung sowie der Umfang und die Zusammensetzung des Aktivvermögens. Bei ungleichartigen Betätigungen sei selbst bei einer organisatorischen, finanziellen und wirtschaftlichen Verflechtung ein einheitlicher Gewerbebetrieb nur anzunehmen, wenn die verschiedenen Betätigungen einander ergänzten.
Im vorliegenden Fall des Gewächshausbaus und der Pflanzenzucht förderten und ergänzten sich die beiden Bereiche nicht gegenseitig. Insbesondere würden die jeweiligen Produkte nicht wechselseitig angeboten. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass jeder einzelne Betrieb des Klägers wirtschaftlich eigenständig betrieben werden könne und somit eine unabhängige Teilhabe am Wirtschaftsleben zulasse. Zwar sprächen die einheitliche Kontenführung, Gewinnermittlung und Finanzbuchhaltung für einen finanziellen Zusammenhang. Dies und der teilweise bestehende organisatorische Zusammenhang könnten jedoch die mangelnde gegenseitige Ergänzung sowie die unabhängige Teilhabe am Wirtschaftsleben nicht kompensieren.
Wichtigstes Merkmal: Gleichartigkeit der Betätigungen
Für die Unterscheidung zwischen einem einheitlichen Betrieb und mehreren selbständigen Betrieben kommt der Gleichartigkeit bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen wesentliche Bedeutung zu. Liegt eine Gleichartigkeit vor, lässt dies regelmäßig auf einen einheitlichen Betrieb schließen. Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass sie nach der Verkehrsauffassung als einheitliche Tätigkeit (im Rahmen eines Betriebs) anzusehen sind.
Daher können nach Ansicht des Finanzgerichts der Gewächshausbau und die Pflanzenzucht nicht zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammengefasst werden. Die Pflanzenzucht kann nicht als eine bloße Hilfsbetätigung zur Planung, Projektierung und Bauleitung von Gewächshäusern betrachtet werden. Es handelt sich einerseits um eine gewerbliche und andererseits um eine land- und forstwirtschaftliche Betätigung, die nicht dauerhaft derart miteinander planvoll wirtschaftlich verbunden sind, dass sie als einheitlicher Gewerbebetrieb betrachtet werden könnten.
Die Gleichartigkeit der Betätigungen war wiederum das Hauptargument des Finanzamts im zweiten Fall, bei dem der Recyclinghof und Schrotthandel auch nach Ansicht des Finanzgerichts so miteinander verflochten waren und sich ergänzten, dass trotz getrennter Buchführungen ein einheitlicher Gewerbebetrieb anzunehmen sei.
Beide Tätigkeiten wurden an derselben Anschrift ausgeübt und seien bereits nach den Bezeichnungen laut Gewerbeanmeldungen gleichartig und ergänzten sich. Auch aus den eingereichten Rechnungsköpfen ergebe sich dasselbe Betätigungsfeld. Bis auf die Telefonnummer seien Adresse und Telefax-Nummer insoweit identisch. Für einen objektiven Betrachter entsteht das Bild eines einheitlichen Betriebs mit verschiedenen (Büro-)Räumlichkeiten im einheitlichen Betriebsgebäude. Der gemeinsame Betriebshof ist für Kunden auch nur über eine einzige Einfahrt zu erreichen.
Dem Merkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs, der bei gleichartigen oder sich ergänzenden Tätigkeiten vorliegt, kommt eine besondere Bedeutung zu. Gleichartige Tätigkeiten ein und derselben Person sind, jedenfalls wenn sie zeitgleich und innerhalb einer gewissen räumlichen Nähe zueinander ausgeübt werden, in der Regel ein und demselben Betrieb zuzuordnen.
Sobald der Gewerbetreibende seine Aktivitäten bündelt, um eine größere Marktwirksamkeit zu erreichen, ist eine Wirtschaftseinheit gegeben. Darüber hinaus ergänzen sich die Tätigkeitsfelder „Recycling“ und „Schrotthandel“ in der Weise, dass Kunden an einem einheitlichen Betriebsort sowohl einen Abnehmer für ihre Reste als auch für ihren Schrott finden. Auch liegt nahe, dass durch ähnliche Kunden- bzw. Lieferantenkreise Synergieeffekte entstehen.
Nicht jede separate gewerbliche Betätigung eines Einzelunternehmers begründet einen eigenständigen Gewerbebetrieb. Auch Teilbetriebe sind mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet und dennoch Teile eines Gesamtbetriebs. Dem auch hier vorliegenden Umstand einer getrennten Buch- bzw. Kontenführung kommt nur untergeordnete Bedeutung zu, da dieser lediglich einen gegenüber den objektiven Merkmalen nachrangigen subjektiven Willen des Gewerbetreibenden dokumentiert.
Ein über den einmaligen Höchstbetrag von 200.000 Euro hinausgehender Abzug von Investitionsabzugsbeträgen kommt daher im zweiten Fall für die Streitjahre nicht in Betracht, weil es sich bei der gewerblichen Betätigung des Steuerpflichtigen in steuerlicher Hinsicht um einen einheitlichen Gewerbebetrieb handelt.
Fazit
Ein Einzelunternehmer kann zwar mehrere Gewerbebetriebe gleichzeitig betreiben, die jeweils für sich genommen steuerpflichtig sind. Hierbei kommt es aber auf die sachliche Selbständigkeit des Unternehmens an. Neben der Gleichartigkeit der Betätigung ist ebenfalls zu berücksichtigen, ob eine gesonderte Verwaltung und Geschäftsführung, eine selbständige Organisation, ein eigenes Rechnungswesen, eigene Arbeitnehmer und eigenes Anlagevermögen gegeben sind.
Ein einheitlicher Gewerbebetrieb liegt vor, wenn unter Berücksichtigung der genannten Merkmale im Rahmen einer Gesamtwürdigung ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen besteht. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung.
Aus steuerlicher Sicht kann sowohl das Betreiben eines einheitlichen Gewerbebetriebs als auch das Betreiben mehrerer Gewerbebetriebe für einen Einzelunternehmer vorteilhaft oder nachteilig sein. Für mehrere Betriebe gibt es den Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 Euro mehrfach und auch Investitionsabzugsbeträge können für jeden Betrieb separat angesetzt werden. Wird jedoch ein Tätigkeitsbereich mit Gewinn, der andere mit Verlust betrieben, ist ein einheitlicher Gewerbebetrieb aus gewerbesteuerlicher Sicht günstiger, da Gewinne und Verluste dann saldiert werden und nur der saldierte Gewerbeertrag der Gewerbesteuer unterliegt. Bei mehreren Gewerbebetrieben werden die Gewinne und Verluste zwar für Zwecke der Einkommensteuer grundsätzlich verrechnet, jedoch nicht für die Gewerbesteuer.