Auch wenn die Energiepreise derzeit wieder fallen, wurden viele Verbraucher von der Energie-Krise im wahrsten Sinne des Wortes „kalt erwischt“. Der Gesetzgeber hat mit einigen Maßnahmen versucht gegenzusteuern und unter anderem für Gas- und Wärmelieferungen seit dem 1. Oktober 2022 den Umsatzsteuersatz vom Regelsteuersatz (19 Prozent) auf den ermäßigten Umsatzsteuersteuersatz (7 Prozent) abgesenkt.
Für den begrenzten Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent auch für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz und für Fernwärmelieferungen. Wie üblich kommt es bei der Umsatzsteuer dabei zu Abgrenzungsfragen, ab welchem Zeitpunkt der neue Steuersatz anzuwenden ist.
Versorger rechnen unterschiedlich ab
Nicht alle Versorger geben den Vorteil auch vollständig an ihre Kunden weiter. Hintergrund der Diskussionen mit den Versorgern ist, dass einige Anbieter die Abrechnung nicht nach dem Stichtagsmodell, sondern nach dem sogenannten (gewichteten) Zeitscheibenmodell umsetzen. Was verbirgt sich dahinter?
Stichtagsmodell versus Zeitscheibenmodell
Das Stichtagsmodell ist dadurch gekennzeichnet, dass die gesamte Gas-/Fernwärmelieferung für das Jahr 2022 mit dem Umsatzsteuersatz abgerechnet werden kann, der zum Zeitpunkt der jährlichen Ablesung galt. Bei der meist üblichen Ablesung zum Ende des Jahres 2022 wären es nach dem Stichtagsmodell also unstreitig nur 7 Prozent statt 19 Prozent für das gesamte Jahr 2022. So hatte es nicht nur der Gesetzgeber vor Augen gehabt, um die Verbraucher zu entlasten, sondern auch das Bundesfinanzministerium gab hierfür noch im Jahr 2022 explizit „grünes Licht“ und stellte es den Unternehmen frei, nach welchem Modell abgerechnet werden kann.
Beim Zeitscheibenmodell wird das gelieferte Gas bzw. die gelieferte Fernwärme gedanklich in zwei Lieferungen aufgeteilt. Die Folge: Ein Teil der Gas-/Fernwärmelieferung wird noch mit dem Regelumsatzsteuersatz von 19 Prozent (Anfang Januar 2022 bis Ende September 2022) abgerechnet. Und nur der andere kleinere Teil (vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2022) wird mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent abgerechnet.
Die Versorger berufen sich bei der Abrechnung nach dem Zeitscheibenmodell auf die jeweilige Grundversorgungsverordnung (GVV), die in der Tat eine Abrechnung nach dem Zeitscheibenmodell vorsieht und auch im Zuge der Umsatzsteuersatzänderungen bisher noch nicht vom Verordnungsgeber novelliert wurde. Ein Vorteil kann sich nach dem Zeitscheibenmodell meist nur bei steigenden Umsatzsteuersätzen ergeben. Das wird beispielsweise zum 1. April 2024 relevant, wenn der Steuersatz wieder auf 19 Prozent Umsatzsteuer ansteigt.
Tipp für Verbraucher und Unternehmen
Verbraucher sollten daher ihre Jahresabrechnung für 2022/2023 genau prüfen und kontrollieren, ob der Versorger nach dem Stichtagsmodell oder dem Zeitscheibenmodell abgerechnet hat. Wurde nach dem Zeitscheibenmodell abgerechnet und ist Abrechnung nachteilig, sollten betroffene Verbraucher unbedingt ihren Versorger kontaktieren und darauf hinweisen, dass sie die Abrechnung nicht bzw. nur unter Vorbehalt akzeptieren. So können sie die Steuersatzermäßigung auch für das gesamte Jahr 2022 erhalten.
Unternehmen, die nicht oder nur zum Teil vorsteuerabzugsberechtigt sind, sollten sich dabei von einem Rechtsanwalt beraten lassen. Und auch Vermieter und Hausverwalter, welche die Abrechnungen für ihre Mieter bzw. Kunden vornehmen, müssen aufpassen, dass sie nicht am Ende selbst auf einer zu hohen Abrechnung seitens des Versorgers sitzen bleiben, wenn sich der Mieter oder Kunde schlicht weigert, die zu hohe Umsatzsteuerabrechnung zu bezahlen.
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