Bei den Betriebsprüfungen der Sozialversicherungsträger wird regelmäßig auch die Künstlersozialabgabepflicht geprüft. Abgabepflichtig sind alle Unternehmer, die für ihr eigenes Unternehmen Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und hierfür selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen. Der Begriff des Künstlers ist dabei weit zu fassen. Stark verallgemeinert kann gesagt werden, dass jeder selbständig geistig Kreative ein Künstler im Sinne der Künstlersozialabgabe sein kann. Von der Abgabepflicht betroffen sind Unternehmer aller Branchen, denn bereits ein Auftrag pro Jahr bei einem selbständigen Grafiker, Webdesigner oder Fotografen kann dafür ausreichen.
Tipp: Spätestens dann, wenn Sie für Ihr Unterneh-men eine Internetseite, Visitenkarten oder Werbematerialien erstellen lassen, sollten Sie sich mit dem Thema Künstlersozialabgabe befassen.
Bagatellgrenze 450 Euro
Künstlersozialabgabe fällt an, wenn die Summe aller abgabepflichtigen Entgelte in einem Kalenderjahr mehr als 450 Euro beträgt. Dabei spielt es keine Rolle, ob nur ein Auftrag erteilt wurde oder ob es mehrere Aufträge gab. Nachdem das Bundessozialgericht im Jahr 2022 auch einen Auftrag mit einem Entgelt von über 450 Euro als gelegentliche Beauftragung angesehen hatte, reagierte der Gesetzgeber. Die weiche Formulierung „nicht nur gelegentlich beauftragt“ wurde aus dem Gesetz gestrichen. Damit reicht ein Auftrag für mehr als 450 Euro bereits für die Abgabepflicht aus.
Ausnahmen von der Abgabepflicht
- Werden selbständige Künstler im Rahmen von Veranstaltungen beauftragt, sind die Entgelte nur künstlersozialabgabepflichtig, wenn in einem Kalenderjahr mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt werden.
- Musikvereine müssen keine Sozialabgabe entrichten,soweit für sie Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig tätig sind.
- Künstlersozialversicherungspflichtig sind nur natürliche Personen. Wer eine GmbH, Personengesellschaft (KG oder OHG) oder GmbH & Co. KG beauftragt, muss keine Künstlersozialabgabe entrichten.
Künstlersozialabgabepflichtig sind Unternehmen auch, wenn sie selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen, um deren Werke oder Leistungen im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit zu nutzen und damit Einnahmen zu erzielen. So unterliegen die Honorare von freien Mitarbeitern der Künstlersozialabgabe, wenn ein Webdesign-Unternehmen beispielsweise selbständige Grafikdesigner oder Fotografen für ein Projekt beauftragt.
Künstlersozialabgabepflicht für Gesellschafter Geschäftsführer
Bei kreativ-künstlerisch tätigen Unternehmen können darüber hinaus auch die Gehälter eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers abgabepflichtig werden. Das gilt gleichermaßen für Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, einer Kommanditgesellschaft, einer GmbH & Co. KG, einer OHG und einer Unternehmergesellschaft.
Voraussetzung für die Abgabepflicht ist, dass der Gesellschafter für die GmbH entgeltlich künstlerisch oder publizistisch tätig wird. Übt der Gesellschafter verschiedene Tätigkeiten aus, muss geprüft werden, ob der künstlerische Anteil überwiegt.
Die Künstlersozialkasse (KSK) und das Bundessozialgericht (BSG) zählen dabei neben den ursächlich kreativen Tätigkeiten auch die vorbereitenden Arbeiten sowie Nebentätigkeiten, die mit der künstlerischen Tätigkeit im direkten Zusammenhang stehen, wie Kundenwerbung und -betreuung, Rechnungserstellung, Materialbeschaffung und sogar die eigene Buchführung zur künstlerischen Tätigkeit.
So gehören nach der Auffassung der KSK bei einer Grafikdesign-GmbH zu den gestalterischen Tätigkeiten auch die damit zusammenhängende Akquisition, Produktberatung, Beratung und Erarbeitung einer Werbestrategie, die Kommunikations- und Vertriebsberatung sowie Finanzplanung und Realisation. Das BSG geht noch weiter und zählt sogar die geistige Oberleitung bzw. künstlerische/publizistische Oberaufsicht eines Gesellschafter- Geschäftsführers (GGF) dazu. Ein eigenhändiges Mitwirken des Gesellschafters zur Erfüllung eines künstlerischen bzw. publizistischen Auftrags soll dafür nicht erforderlich sein.
Vielmehr reicht es der KSK und dem BSG, wenn sich der GGF gegenüber dem Kunden verpflichtet und für die Umsetzung angestellte oder freie Mitarbeiter beauftragt. Ihre Begründung: Der GGF trägt die Gesamtverantwortung für den Auftrag und hat die Möglichkeit, Konzepte, Entwürfe, Texte usw. zu steuern und zu beeinflussen, indem er seine Mitarbeiter entsprechend anleitet und beaufsichtigt.
Worauf in der Buchhaltung zu achten ist
Bemessungsgrundlage sind alle an den Künstler gezahlten Entgelte (Gagen, Honorare, Tantiemen, Lizenzen, Sachleistungen) sowie die erstatteten Auslagen (Telefon, Fracht) und Nebenkosten (Material usw.).
Ausdrücklich nicht unter die Abgabepflicht fallen:
- die Umsatzsteuer,
- Reisekosten im Rahmen der steuerfreien Pauschalen,
- steuerfreie Aufwandsentschädigungen im Rahmen der steuerfreien Pauschalen und
- Vervielfältigungskosten.
Hinweis: Erfolgt auf einer Rechnung keine klare Trennung der erbrachten Leistungen, so wird der gesamte Rechnungsbetrag künstlersozialabgabepflichtig, beispielsweise auch die reinen Druck kosten für Visitenkarten und nicht nur deren Gestaltung.
Noch schwieriger ist, wenn es um die Abgabepflicht eines Unternehmens für ihren GGF geht. Überwiegt im Rahmen einer Gesamtwürdigung die künstlerische oder publizistische Tätigkeit und übt er GGF keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus, liegt eine Melde- und Abgabepflicht vor. Wird die Arbeit des GGF pauschal vergütet, muss sie entweder voll als künstlerisch oder als nicht-künstlerisch bewertet werden. Liegt danach Abgabepflicht vor, gilt die gesamte Vergütung als Einnahme aus künstlerischer Tätigkeit. Gewinnanteile, der GGF aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung erhält, sind allerdings nicht meldepflichtig.
Hinweis: Erfolgt beim GGF keine klare Trennung der Entgelte, so werden auch die Vergütungen für die originäre Geschäftsführung künstlersozialabgabe-pflichtig.
5 % Künstlersozialabgabe in 2023
Für im Jahr 2022 gezahlte Entgelte beträgt die Künstlerso-zialabgabe 4,2 % des Entgelts. Für das Jahr 2023 steigt der Prozentsatz erstmalig seit 5 Jahren auf nunmehr 5,0 % an. Abgabepflichtige Unternehmer sind verpflichtet, alle Zahlungen an die selbständigen Künstler sorgfältig aufzuzeichnen und für Prüfungszwecke der Künstlersozialkasse bzw. der Rentenversicherungsträger vorzuhalten. Bis zum 31. März des Folgejahres müssen sie der Künstlersozialkasse die an selbständige Künstler und Publizisten im Vorjahr geleisteten Zahlungen eigenständig mitteilen, gegebenenfalls muss eine Nullmeldung erfolgen.
Wer seinen Meldepflichten nicht rechtzeitig nachkommt, wird von der Künstlersozialkasse geschätzt. Die Künstlersozialabgabe kann grundsätzlich für die letzten vier Jahre nachgefordert werden. Daneben stellt die Verletzung der gesetzlichen Melde- und Aufzeichnungspflichten eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann.
Hinweis: Prüfen Sie, ob auch Ihr Unternehmen künstlersozialabgabepflichtig ist. Lassen Sie sich dabei von einem auf Sozialrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten, damit es bei einer Prüfung der Rentenversicherungsträger oder der Künstlersozialkasse nicht zum bösen Erwachen kommt.