Grundsteuer auf dem Prüfstand

Klagewelle gegen Grundsteuerwertbescheide

25.06.2024 — zuletzt aktualisiert: 05.08.2024

Nachdem im Jahr 2022 alle Grundstücksbesitzer aufgerufen waren, zur Neubewertung ihres Grundbesitzes eine Steuererklärung abzugeben, gab es für einige Steuerpflichtige ein böses Erwachen, als sie per Bescheid sahen, was ihr Grundstück angeblich wert sein soll. Nach erfolglosen Einspruchsverfahren gegen die Grundsteuerwertbescheide ließen die ersten Klagen vor den Finanzgerichten (FG) nicht lange auf sich warten. Nun hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) erstmalig mit der Neuregelung der Grundsteuer befasst, wenn auch zunächst nur in zwei Beschlüssen zur Aussetzung der Vollziehung (II B 78/23 und II B 79/23 vom 27. Mai 2024).

Grundsteuer: Berechnungsmodell je nach Bundesland verschieden

Die neuen Grundstückswerte waren auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 zu ermitteln. Doch statt eines einheitlichen Berechnungsmodells sieht das geänderte Grundsteuergesetz eine Öffnungsklausel für die einzelnen Länder vor. Das bedeutet, dass die Bundesländer selbst festlegen können, wie die Bewertung der Grundstücke zu erfolgen hat. Elf Bundesländer wenden das sogenannte Bundesmodell an, wobei das Saarland und Sachsen noch Sonderregelungen eingefügt haben. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben eigene Modelle. 

Bundesmodell mit Schwachstellen

Bezüglich des Bundesmodells sah das FG Rheinland-Pfalz deutliche Schwachstellen. Die Finanzrichter hatten unter anderem ernstliche Zweifel an der Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse und der Vollständigkeit der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage. Auch die hohe Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen ließ beim FG Zweifel an der Rechtmäßigkeit aufkommen. Diese Zweifel teilte der BFH und ließ in den o.g. Beschlüssen die Aussetzung der Vollziehung zu. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregelungen einen weiten Gestaltungsspielraum zugestanden. Dies jedoch nur, solange sie geeignet sind, den Wert der Wirtschaftsgüter realitäts- und gleichheitsgerecht abzubilden.

Verletzung des Übermaßgebots ist zu prüfen

Die Zweifel an der Rechtsmäßigkeit ergeben sich für den BFH insbesondere daraus, dass dem Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden muss, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt dies regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 Prozent oder mehr übersteigt. Die momentane Gesetzesfassung sieht jedoch keine Möglichkeit vor, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

Bodenmodell in Baden-Württemberg

Beim sogenannten Bodenmodell, wie es in Baden-Württemberg angewandt wird, ist nur der Wert des Grundstücks ausschlaggebend. Es spielt keine Rolle, ob und womit dieses bebaut ist. Ob Garten, Einfamilienhaus oder Villa, die Grundstücksbesitzer würden die gleiche Grundsteuer zahlen. Die Emotionen schlugen daher hoch, als am 11. Juni 2024 das FG Baden-Württemberg die Grundsteuer B nach dem Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg für verfassungsmäßig erklärte (Az. 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23). Die Revision beim BFH wurde jedoch zugelassen.

Flächenmodell in Bayern

Und während im Nachbarland schon von einer „Enteignung durch die Hintertür“ die Rede ist, hat auch das FG Nürnberg das Flächenmodell für das Bundesland Bayern zunächst für rechtmäßig erklärt. Die Finanzrichter hatten bei der summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes. Insbesondere eine Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzip ist für das FG nicht offenkundig. Das Leistungsfähigkeitsprinzip bezieht sich nach der bisherigen Rechtsprechung nur auf Steuern, die es gestatten, persönliche Verhältnisse zu berücksichtigen, nicht dagegen auf solche Steuern, die nach objektiven Merkmalen bemessen werden.

Was Grundstücksbesitzer jetzt tun können

Allein diese exemplarische Auflistung der finanzgerichtlichen Entscheidungen zeigt das Streitpotenzial der neuen Grundsteuer. Eine endgültige höchstrichterliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit wird voraussichtlich erst in einigen Jahren ergehen. Ob ein eigenes Klageverfahren vor diesem Hintergrund empfehlenswert ist, sollten Grundstücksbesitzer in enger Abstimmung mit ihrem Steuerberater entscheiden. Die Steuerberater der ETL-Gruppe unterstützen Sie gern bei allen Fragen rund um die neue Grundsteuer. Weiterführende Informationen finden Sie auch hier

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Aktuelles
25.06.2024 — zuletzt aktualisiert: 05.08.2024

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Nachdem im Jahr 2022 alle Grundstücksbesitzer aufgerufen waren, zur Neubewertung ihres Grundbesitzes eine Steuererklärung abzugeben, gab es für einige Steuerpflichtige ein böses Erwachen, als sie per Bescheid sahen, was ihr Grundstück angeblich wert sein soll. Nach erfolglosen Einspruchsverfahren gegen die Grundsteuerwertbescheide ließen die ersten Klagen vor den Finanzgerichten (FG) nicht lange auf sich warten. Nun hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) erstmalig mit der Neuregelung der Grundsteuer befasst, wenn auch zunächst nur in zwei Beschlüssen zur Aussetzung der Vollziehung (II B 78/23 und II B 79/23 vom 27. Mai 2024).

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Die neuen Grundstückswerte waren auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 zu ermitteln. Doch statt eines einheitlichen Berechnungsmodells sieht das geänderte Grundsteuergesetz eine Öffnungsklausel für die einzelnen Länder vor. Das bedeutet, dass die Bundesländer selbst festlegen können, wie die Bewertung der Grundstücke zu erfolgen hat. Elf Bundesländer wenden das sogenannte Bundesmodell an, wobei das Saarland und Sachsen noch Sonderregelungen eingefügt haben. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben eigene Modelle. 

Bundesmodell mit Schwachstellen

Bezüglich des Bundesmodells sah das FG Rheinland-Pfalz deutliche Schwachstellen. Die Finanzrichter hatten unter anderem ernstliche Zweifel an der Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse und der Vollständigkeit der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage. Auch die hohe Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen ließ beim FG Zweifel an der Rechtmäßigkeit aufkommen. Diese Zweifel teilte der BFH und ließ in den o.g. Beschlüssen die Aussetzung der Vollziehung zu. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregelungen einen weiten Gestaltungsspielraum zugestanden. Dies jedoch nur, solange sie geeignet sind, den Wert der Wirtschaftsgüter realitäts- und gleichheitsgerecht abzubilden.

Verletzung des Übermaßgebots ist zu prüfen

Die Zweifel an der Rechtsmäßigkeit ergeben sich für den BFH insbesondere daraus, dass dem Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden muss, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt dies regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 Prozent oder mehr übersteigt. Die momentane Gesetzesfassung sieht jedoch keine Möglichkeit vor, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

Bodenmodell in Baden-Württemberg

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Was Grundstücksbesitzer jetzt tun können

Allein diese exemplarische Auflistung der finanzgerichtlichen Entscheidungen zeigt das Streitpotenzial der neuen Grundsteuer. Eine endgültige höchstrichterliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit wird voraussichtlich erst in einigen Jahren ergehen. Ob ein eigenes Klageverfahren vor diesem Hintergrund empfehlenswert ist, sollten Grundstücksbesitzer in enger Abstimmung mit ihrem Steuerberater entscheiden. Die Steuerberater der ETL-Gruppe unterstützen Sie gern bei allen Fragen rund um die neue Grundsteuer. Weiterführende Informationen finden Sie auch hier