Zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland im März 2020 waren viele Arbeitnehmer erhöhten Belastungen ausgesetzt. Der Gesetzgeber hat daher die Möglichkeit einer steuerfreien Sonderzahlung geschaffen, um die Leistungen zu würdigen und die Effekte der Pandemie abzumildern. Doch die Steuerfreiheit war an Voraussetzungen geknüpft. Und über die wird nun in Betriebsprüfungen gestritten, wie im Fall des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. Juli 2024 (9 K 196/22). Die Revision wurde eingelegt und ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VI R 25/24 anhängig.
Urlaub, Bonus und Corona
Die Steuerpflichtige betreibt mehrere Lebensmittelläden. Ihren Mitarbeitern zahlte sie u.a. im Mai und November 2020 als Corona-Sonderzahlung deklarierte Geldleistungen steuerfrei aus. Über die Sonderzahlungen informierte sie die Beschäftigten durch interne Aushänge. In diesen gab sie zugleich bekannt, dass sie, wie in den Vorjahren, im Monat Mai Urlaubsgeld bzw. im Monat November einen Bonus als freiwillige Leistung gewähren werde.
Die Lohnsteueraußenprüfung kam zu der Feststellung, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für die erbrachten Sonderzahlungen nicht erfüllt seien und versteuerte die Zahlungen nachträglich. Im Prüfungsbericht wurde bemängelt, dass es insbesondere am für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung erforderlichen Zusätzlichkeitserfordernis mangele. Dagegen klagte die Steuerpflichtige.
Corona-Sonderzahlung für begrenzten Zeitraum möglich
Arbeitgeber konnten in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an ihre Arbeitnehmer einen Betrag von bis zu 1.500 Euro in Form von Zuschüssen und Sachbezügen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewähren.
Das Merkmal „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ ist dabei gesetzlich definiert. Im Sinne des Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Steuerbefreiung insbesondere Angehörige der Heil- und Pflegeberufe sowie Supermarktangestellte als Anerkennung ihrer Leistungen während der Corona-Pandemie zu begünstigen. Jedoch sollten keine Arbeitnehmergruppen von der Steuerbefreiung ausgeschlossen werden. Eine abstrakte Betroffenheit der Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie sollte genügen.
Zusammenhang mit Corona nicht ersichtlich
Das Finanzamt sah sowohl die Corona-Bedingtheit als auch das Zusätzlichkeitserfordernis als nicht erfüllt an und versteuerte die Zahlungen. Die Steuerbefreiung gelte nur für Leistungen, die auf Grund der Corona-Krise, d. h. der durch diese verursachten Einschränkungen des persönlichen Lebens und des Wirtschaftslebens, gewährt würden. Die Leistungen müssten im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen, also krisenbedingt erfolgt sein.
Die Finanzrichter sahen dies ebenfalls so und konnten nicht erkennen, dass die Steuerpflichtige ihren Mitarbeitern die Corona-Sonderzahlung zweckgebunden gewährte. Der Zweck der Steuerbefreiung, die Belastungen der Arbeitnehmer durch die Corona-Krise abzumildern, würde durch die Umwandlung des vereinbarten Arbeitslohns gerade nicht erreicht werden.
Informationsschreiben stellt auf wirtschaftliche Entwicklung ab
Das Finanzamt hob hervor, dass insbesondere aus dem Informationsschreiben nicht hervorgehe, dass die Corona-Sonderzahlung an die Mitarbeiter zur Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise ausgezahlt worden sei. Die Steuerpflichtige macht darin deutlich, dass die Sonderzahlungen vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens (im Jahr der Gewährung der Leistung) abhängig sind. Die Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus werden nicht erwähnt. Ein Bezug der Sonderzahlungen zur Corona-Pandemie wird auf diese Weise nicht hergestellt.
In dem Schreiben werde lediglich erläutert, dass die Auszahlung der Sonderzahlungen (Urlaubsgeld bzw. Bonus) im Jahr 2020 anders abgewickelt werde. Ziel der Klägerin sei es gewesen die Steuerlast der Sonderzahlung zu senken, um den Arbeitnehmern eine höhere Netto-Auszahlung zu verschaffen.
Zusätzlichkeitserfordernis nicht erfüllt
Das Finanzamt bestätigte zwar die Auffassung der Steuerpflichtigen, dass nach den Vereinbarungen in den Arbeitsverträgen kein arbeitsrechtlicher Anspruch auf Sonderleistungen wie Urlaubsgeld oder Boni bestanden habe. Gleichwohl fehle es den Leistungen im Mai 2020 und im November 2020 angesichts des in den Vorjahren regelmäßig im Mai ausgezahlten Urlaubsgeldes bzw. der im November erfolgten Bonuszahlungen an der Zusätzlichkeit. Es handele sich nicht um eine zusätzliche Corona-Unterstützungsleistung. Der Gesamtbetrag des Urlaubsgeldes sei nur aus Gründen der Steueroptimierung in Urlaubsgeld und Corona-Sonderzahlung aufgeteilt und umbenannt worden. Dieser Einschätzung folgte das Finanzgericht in vollem Umfang und gab dem Finanzamt Recht. Die Zahlungen sind steuerpflichtig. Ob der Bundesfinanzhof diese Einschätzung teilt, bleibt abzuwarten.