Aufzeichnungspflichten für Bewirtungskosten

Finanzgericht Berlin-Brandenburg urteilt zur Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben

29.10.2024

Als Steuerberater ist man es normalerweise gewohnt, sich bei Urteilsbegründungen seitenweise durch sehr sachliche Ausführungen der Richter zu kämpfen. Da lassen die Aussagen der Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.Oktober 2023; 6 K 6089/20) aufhorchen:

 „Bei Division der berechneten alkoholischen Getränke durch die vorgetragene Teilnehmerzahl ergibt sich rein rechnerisch, dass ein Teilnehmer im Durchschnitt mindestens 0,7 Liter Bier und zusätzlich 0,5 Flaschen Rot- oder Weißwein oder Prosecco getrunken haben muss. Aus Sicht des erkennenden Senats müssten sich dadurch viele Teilnehmer im Verlauf der Veranstaltungen nicht mehr in einem Zustand befunden haben, in dem das Führen fachlicher Gespräche realistisch erscheint, und, falls doch, dürften diese Gespräche nicht den für Repräsentations- und Werbezwecke qualitativ hochwertigen Charakter erreicht haben.“

Klingt nach einer guten Party. Da fragt sich der geneigte Steuerbürger dann doch – was war da los? Und warum landete der Fall vor dem Finanzgericht?

Kick-Off-Meeting mit Geschäftspartnern

Ein Unternehmen der Immobilienwirtschaft führte in den Streitjahren zwei sogenannte Kick-Off-Veranstaltungen mit Kunden und Geschäftspartnern sowie die Feier eines Betriebsjubiläums durch. Streitig ist die Behandlung der dafür angefallenen Cateringkosten.

Die Veranstaltungen fanden jeweils auf einer vom Unternehmen aktuell betreuten Baustelle statt. Bei den Veranstaltungen waren zu Cateringzwecken provisorische Tresen aufgebaut, an denen die Gäste sich Speisen „in die Hand” sowie Getränke abholen konnten, um sie entweder im Stehen oder an Stehtischen zu verzehren. Abgesehen von Hintergrundmusik wurde kein gesondertes Unterhaltungsprogramm angeboten. Die Gäste und Mitarbeiter sowie Geschäftsführer nutzten diese Zeit zu Kontaktgesprächen.

Ohne Aufzeichnung keine Betriebsausgabe

Die steuerliche Abziehbarkeit von Bewirtungskosten ist sehr genau geregelt. Bewirtungskosten sind nur insoweit als Betriebsausgaben abzugsfähig, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung angemessen sind und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen ist. Von den angemessenen Aufwendungen sind wiederum 30 Prozent nicht abzugsfähig.

Der Steuerpflichtige muss zudem für den Betriebsausgabenabzug bestimmte Aufzeichnungspflichten erfüllen. Erfasst werden müssen Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Im Bericht über die Außenprüfung stellte der Betriebsprüfer im zu entscheidenden Urteilsfall fest, die Cateringaufwendungen im Rahmen der Veranstaltungen seien nichtabziehbare Aufwendungen, weil die Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt worden seien.

Vorliegen einer Bewirtungsleistung

Der Steuerpflichtige im Urteilsfall war findig und argumentierte, dass gar keine Bewirtung vorgelegen habe und demzufolge auch keine Aufzeichnungspflichten zu erfüllen gewesen seien. Eine Bewirtung liegt vor, wenn Personen beköstigt werden. Dies ist stets dann der Fall, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht. Nach Ansicht des Steuerpflichtigen hätte die Darreichung der Speisen und Getränke allenfalls das Niveau eines dem Rahmen der Veranstaltung angepassten Imbisses. Das Catering habe nicht im Vordergrund gestanden. Seine Kosten stellten deswegen auch keine Bewirtungskosten dar. Im Vordergrund habe der fachliche Austausch gestanden. Die betriebliche Veranlassung sei deswegen nicht zweifelhaft.

Finanzverwaltung lässt nur wenige Ausnahmen zu

Keine Bewirtung liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung jedoch nur bei der Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang (wie Kaffee, Tee, Gebäck) vor. Dies ist z. B. bei betrieblichen Besprechungen der Fall, wenn es sich hierbei um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt. Die dabei für die Lebensmittel anfallenden Aufwendungen sind unbeschränkt abziehbar. Doch Vorsicht: der Ausschank von Alkohol zählt nicht darunter, Hierbei handelt es sich um Bewirtungskosten, wie das Finanzgericht München (Urteil vom 9. März 2021; 6 K 2915/17) entschied, die Revision bei Bundesfinanzhof ist unter dem Aktenzeichen VIII R 12/21 anhängig.  

Auch bei Produkt- oder Warenverkostungen, z. B. im Herstellungsbetrieb, beim Kunden, beim (Zwischen‑)Händler oder bei Messeveranstaltungen gelten die Regelungen für Bewirtungen nicht. Hier besteht ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verkauf der Produkte oder Waren. Voraussetzung für den unbeschränkten Abzug als Betriebsausgabe ist, dass nur das zu veräußernde Produkt und ggf. Aufmerksamkeiten (z. B. Brot anlässlich einer Weinprobe) gereicht werden. Diese Aufwendungen können als Werbeaufwand unbeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden. Im Urteilsfall waren diese Ausnahmen nicht anwendbar.

Bewirtung muss nicht im Vordergrund stehen

Das Finanzamt und auch das Finanzgericht folgten der Argumentation des Steuerpflichtigen nicht. Beiden sahen die Regelungen zu Bewirtungskosten als anwendbar an, sodass die Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass überhaupt nur als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, wenn Nachweis- und Aufzeichnungspflichten erfüllt worden sind.

Die Formulierung, nach der eine „Bewirtung” nur dann vorliegt, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht, ist nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Anwendung der Regelungen stets ausscheidet, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist. Vielmehr besagt sie nur, dass ein vollständiges Abzugsverbot greifen kann, wenn neben der Bewirtung im engeren Sinne zusätzliche Leistungen geselliger oder unterhaltender Art geboten werden.

Wird die Bewirtung hingegen anlässlich einer geschäftlichen Besprechung oder einer Marketingveranstaltung gereicht und wird dem Kunden/Geschäftspartner lediglich zur Schaffung eines besseren Geschäftsklimas eine Mahlzeit zugewendet, so greife die Ausnahme nicht. Die Richter sind zur Überzeugung gelangt, dass unabhängig vom vorgetragenen etwaigen Mehrwert der Veranstaltungsplanung für die erschienenen Gäste und auch unabhängig von dem Mehrwert, den das Unternehmen selbst aus dem Erscheinen ihrer Geschäftspartner zu Kick-Offs und Jubiläum zog, die Bewirtung nicht in diesem eng zu verstehenden Sinne von der Rückausnahme des Einkommensteuergesetzes erfasst ist.

Fazit

Unternehmer sollten bei der Bewirtung von Geschäftspartnern und Kunden unabhängig vom Anlass stets die einschlägigen Aufzeichnungspflichten beachten, um den Betriebsausgabenabzug nicht zu gefährden.

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Aufzeichnungspflichten für Bewirtungskosten

Finanzgericht Berlin-Brandenburg urteilt zur Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben
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29.10.2024

Aufzeichnungspflichten für Bewirtungskosten

Finanzgericht Berlin-Brandenburg urteilt zur Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben

Als Steuerberater ist man es normalerweise gewohnt, sich bei Urteilsbegründungen seitenweise durch sehr sachliche Ausführungen der Richter zu kämpfen. Da lassen die Aussagen der Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 17.Oktober 2023; 6 K 6089/20) aufhorchen:

 „Bei Division der berechneten alkoholischen Getränke durch die vorgetragene Teilnehmerzahl ergibt sich rein rechnerisch, dass ein Teilnehmer im Durchschnitt mindestens 0,7 Liter Bier und zusätzlich 0,5 Flaschen Rot- oder Weißwein oder Prosecco getrunken haben muss. Aus Sicht des erkennenden Senats müssten sich dadurch viele Teilnehmer im Verlauf der Veranstaltungen nicht mehr in einem Zustand befunden haben, in dem das Führen fachlicher Gespräche realistisch erscheint, und, falls doch, dürften diese Gespräche nicht den für Repräsentations- und Werbezwecke qualitativ hochwertigen Charakter erreicht haben.“

Klingt nach einer guten Party. Da fragt sich der geneigte Steuerbürger dann doch – was war da los? Und warum landete der Fall vor dem Finanzgericht?

Kick-Off-Meeting mit Geschäftspartnern

Ein Unternehmen der Immobilienwirtschaft führte in den Streitjahren zwei sogenannte Kick-Off-Veranstaltungen mit Kunden und Geschäftspartnern sowie die Feier eines Betriebsjubiläums durch. Streitig ist die Behandlung der dafür angefallenen Cateringkosten.

Die Veranstaltungen fanden jeweils auf einer vom Unternehmen aktuell betreuten Baustelle statt. Bei den Veranstaltungen waren zu Cateringzwecken provisorische Tresen aufgebaut, an denen die Gäste sich Speisen „in die Hand” sowie Getränke abholen konnten, um sie entweder im Stehen oder an Stehtischen zu verzehren. Abgesehen von Hintergrundmusik wurde kein gesondertes Unterhaltungsprogramm angeboten. Die Gäste und Mitarbeiter sowie Geschäftsführer nutzten diese Zeit zu Kontaktgesprächen.

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Die steuerliche Abziehbarkeit von Bewirtungskosten ist sehr genau geregelt. Bewirtungskosten sind nur insoweit als Betriebsausgaben abzugsfähig, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung angemessen sind und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen ist. Von den angemessenen Aufwendungen sind wiederum 30 Prozent nicht abzugsfähig.

Der Steuerpflichtige muss zudem für den Betriebsausgabenabzug bestimmte Aufzeichnungspflichten erfüllen. Erfasst werden müssen Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Im Bericht über die Außenprüfung stellte der Betriebsprüfer im zu entscheidenden Urteilsfall fest, die Cateringaufwendungen im Rahmen der Veranstaltungen seien nichtabziehbare Aufwendungen, weil die Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt worden seien.

Vorliegen einer Bewirtungsleistung

Der Steuerpflichtige im Urteilsfall war findig und argumentierte, dass gar keine Bewirtung vorgelegen habe und demzufolge auch keine Aufzeichnungspflichten zu erfüllen gewesen seien. Eine Bewirtung liegt vor, wenn Personen beköstigt werden. Dies ist stets dann der Fall, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht. Nach Ansicht des Steuerpflichtigen hätte die Darreichung der Speisen und Getränke allenfalls das Niveau eines dem Rahmen der Veranstaltung angepassten Imbisses. Das Catering habe nicht im Vordergrund gestanden. Seine Kosten stellten deswegen auch keine Bewirtungskosten dar. Im Vordergrund habe der fachliche Austausch gestanden. Die betriebliche Veranlassung sei deswegen nicht zweifelhaft.

Finanzverwaltung lässt nur wenige Ausnahmen zu

Keine Bewirtung liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung jedoch nur bei der Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang (wie Kaffee, Tee, Gebäck) vor. Dies ist z. B. bei betrieblichen Besprechungen der Fall, wenn es sich hierbei um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt. Die dabei für die Lebensmittel anfallenden Aufwendungen sind unbeschränkt abziehbar. Doch Vorsicht: der Ausschank von Alkohol zählt nicht darunter, Hierbei handelt es sich um Bewirtungskosten, wie das Finanzgericht München (Urteil vom 9. März 2021; 6 K 2915/17) entschied, die Revision bei Bundesfinanzhof ist unter dem Aktenzeichen VIII R 12/21 anhängig.  

Auch bei Produkt- oder Warenverkostungen, z. B. im Herstellungsbetrieb, beim Kunden, beim (Zwischen‑)Händler oder bei Messeveranstaltungen gelten die Regelungen für Bewirtungen nicht. Hier besteht ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verkauf der Produkte oder Waren. Voraussetzung für den unbeschränkten Abzug als Betriebsausgabe ist, dass nur das zu veräußernde Produkt und ggf. Aufmerksamkeiten (z. B. Brot anlässlich einer Weinprobe) gereicht werden. Diese Aufwendungen können als Werbeaufwand unbeschränkt als Betriebsausgaben abgezogen werden. Im Urteilsfall waren diese Ausnahmen nicht anwendbar.

Bewirtung muss nicht im Vordergrund stehen

Das Finanzamt und auch das Finanzgericht folgten der Argumentation des Steuerpflichtigen nicht. Beiden sahen die Regelungen zu Bewirtungskosten als anwendbar an, sodass die Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass überhaupt nur als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen, wenn Nachweis- und Aufzeichnungspflichten erfüllt worden sind.

Die Formulierung, nach der eine „Bewirtung” nur dann vorliegt, wenn die Darreichung von Speisen und/oder Getränken eindeutig im Vordergrund steht, ist nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Anwendung der Regelungen stets ausscheidet, wenn die Verköstigung in einen anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist. Vielmehr besagt sie nur, dass ein vollständiges Abzugsverbot greifen kann, wenn neben der Bewirtung im engeren Sinne zusätzliche Leistungen geselliger oder unterhaltender Art geboten werden.

Wird die Bewirtung hingegen anlässlich einer geschäftlichen Besprechung oder einer Marketingveranstaltung gereicht und wird dem Kunden/Geschäftspartner lediglich zur Schaffung eines besseren Geschäftsklimas eine Mahlzeit zugewendet, so greife die Ausnahme nicht. Die Richter sind zur Überzeugung gelangt, dass unabhängig vom vorgetragenen etwaigen Mehrwert der Veranstaltungsplanung für die erschienenen Gäste und auch unabhängig von dem Mehrwert, den das Unternehmen selbst aus dem Erscheinen ihrer Geschäftspartner zu Kick-Offs und Jubiläum zog, die Bewirtung nicht in diesem eng zu verstehenden Sinne von der Rückausnahme des Einkommensteuergesetzes erfasst ist.

Fazit

Unternehmer sollten bei der Bewirtung von Geschäftspartnern und Kunden unabhängig vom Anlass stets die einschlägigen Aufzeichnungspflichten beachten, um den Betriebsausgabenabzug nicht zu gefährden.